Beim ersten Besuch, ebenfalls Ende Februar, hielt ich diese Stadt für eine steinerne Kulisse aus dem Film „Desperado“. Staubiger Wind in intensiver Nachmittagssonne trieb erbarmungslos Papierfetzen und Getränkedosen über eine runzlige Strasse, die den Geruch der ersten Automobile und der letzten Pferdegespanne an die wenigen Passanten weitergab. Ich trug an diesem Tag die kurzen Hosen mit vermutlich zweihundert Taschen, die am bequemsten beim stundenlangen Hinflug saßen und dazu den unvermeidlichen filmbetriebenen Fotoapparat am schwarzen Bande. Die Schuhe waren neu, über der dicken Sohle flach und hatten sich vorher nie über so unsicheren und ungleichen Boden bewegen müssen. So neu, darf man getrost zwei Minuten überlegen, hier leben zu wollen. Sicherlich war die Angewohnheit der Bäcker, Mehl mit Sägespänen zu komplettieren, schon damals auch hier längst aus der Mode gekommen, und Menschenopfer würden nur noch Sonntagabends nach der wenig geschummelten Ziehung der falsch angekreuzten Lottozahlen gebracht. Genietete, aber undichte Kupferkessel, in denen Touristen mit Fotoapparaten ihrer erfolgreichen Garung entgegensahen, fielen ebenfalls nicht sofort ins Auge oder waren nur gut versteckt oder fanden wegen der Schreie in einem der bis heute selten vorhandenen Keller statt. Und der Besuch von Hinterhöfen stand mit Absicht nicht auf dem Erkundungsprogrammzettel. Den hatten wir sowieso im Hotel vergessen. Irgendjemand hatte vor wenigen Wochen den ortsansässigen jungen Aufsässigen gezeigt, welche Vorzüge die Motorisierung eines Zweiradvehikels hat, und so hatte sich als neuester Tick bei der älteren Pferdebesitzergeneration das Kopfschütteln darüber herausgebildet…
Okay, Sportsfreunde, vergesst das alles in diesem Jahre: längst erkämpfen sich auch hier Zehnjährige mit richtig eingesetzten Schreikrämpfen deckellose Rechenapparate in der Größe eines mittleren Dachfensters. Frauen versuchen private Autos zu lenken, in denen mühelos 15 lebensmüde Passagiere einsteigen könnten. Und Baufirmen wundern sich nicht mehr, wenn der Antragsteller mit einem gefährlich hohen dritten Stockwerk tiefhängende Regenwolken stoppen will, damit sie über seinem Garten abregnen.
Anders, und gleich: binnenländischer Wind treibt weiterhin Papier und nach wilden Wochenendfeiern rundes Weißblech über die Strassen, und ferner Sturm treibt nun Mengen von neuen flachen Schuhen, kurzen Hosen und Fotoapparaten ins Land. Und windige Weltenretter versprechen auch in diesem Jahr Festmeter von Holz für Berge von Geld. Einer Vielzahl der unaufhörlich weiterhin darauf hereinfallenden Gutgläubigen ließe sich heimatliche Konvertierung in die neue zinslose Religion anempfehlen. Spart Geld und Nerven, beruhigt den Arbeitgeber, bewahrt zdf-Kleber vor neuer Tränenflut und erspart Merktler´s Antifa die Nachteinsätze, mit denen wankende Patienten auf Kurs gebracht werden sollen…
In den letzten knapp anderthalb Jahrzehnten wurde „unser“ Städtchen so ziemlich aus allen Richtungen und Gründen und zu unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten von uns besucht. Paßt einfach! Neu zugestiegenen tutorialkundigen Passagieren das hierzulande übliche Miteinanderleben zu erklären, erhält schnell die Besserwissereidiagnose: überzeugender wirkt weiterhin das unkomplizierte Zusammenspiel von Großmutters Wundermittel Herdplatte/Hinterteil.
Damit verbleiben wir wie immer mit den besten Grüßen & Wünschen als Team von „OUTLAW TODAY“!